Montag, 5. Januar 2009

Wenn Katzen therapieren

Heute erzähle ich die Geschichte einer Kätzin, die durch ihre Unbekümmertheit Kindern gegenüber eine heilende Wirkung erzeugt. Sie heisst Lucy, ist noch jung und gehört meinem Neffen Lukas und seiner sehr schönen südamerikanischen Frau Natalia. Obschon sie in der Stadt Basel wohnen, hat die Rot-Weisse Auslauf und besucht gerne die mit Grün umgebene Nachbarschaft, wo sie besonders an einem Ort mehr als willkommen ist.

Ganz in der Nähe hat eine Kinderpsychologin ihre Praxis und die zu heilenden und oft schwierigen Kinder spielen gerne im vorgelagerten Garten, wo auch Lucy ungehindert ein und aus geht und mitspielt. Bald einmal hat die Therapeutin gemerkt, wie sich das Verhalten der manchmal verstockten Patienten beim Auftauchen des Stubentigers schlagartug und positiv ändert. Plötzlich wird nicht mehr gezankt, und alle buhlen um die Gunst der Katze, die nicht in Panik davon rennt, sondern sich gern und wohlig von allen streicheln und hätscheln lässt.

Das allein wäre nicht schreibenswert, wenn sich da nicht etwas zugetragen hätte, wo Lucy dank ihrem Auftreten drinnen in der Praxis eine erstaunliche Heilung bei einem ganz schwierigen Fall erwirkte. Ein stark draumatisierter fünfjähriger Junge wurde schon seit längerer Zeit täglich zu der Psychologin gebracht, um zu erfahren, wieso er nie sprach und nur vor sich hinstarrte. Kein noch so liebevoller Versuch, ihm einige Worte zu entlocken, hatte bisher Erfolg. Der Kleine schwieg einfach, schwieg, schwieg und schwieg. Kein Teddybär, kein aufziehbares Spielzeug, nichts konnte ihm wenigstens ein kleines Lächeln entlocken.

Es war schon Spätnachmittag, die Sonne schien schräg durch geöffnete Fenser in den Behandlungsraum, wo sich die Psychologin einmal mehr mit dem Kleinen abmühte. Auf einmal leuchtete es wie Feuer in den dunklen Augen unter dem krausen Haar und der Bub schaute gebannt zum Fenster, wo sich Lucy inzwischen vom Garten her auf den Sims gesetzt hatte und gwundrig in den Raum schaute. Und dann, erstmals seit Wochen, kommen die ersten zaghaften Worte über die Lippen des sonst Abwesenden. "Da, Büsi, da Büsi!" vernahm die höchst erstaunte Therapeutin und glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Erleichtert nahm sie wahr, dass der Sprössling weder taub noch stumm ist.

In weiser Voraussicht lockte nun Frau Doktor das befellte Wunder in den Praxisraum und erhoffte sich so noch weitere Erfolge. Und siehe da, das Unfassbare machte weiter Fortschritte, denn der Bub näherte sich der inzwischen auf den Tisch gesetzten Katze und probierte sie, zuerst zaghaft und etwas ängstlich, zu streicheln. Dabei murmelte er weitere Wore in einer fremden Sprache, aber auch vermischt mit einigen Brocken Deutsch.

Es gäbe noch andere Beispiele von diesem Verhältnis Katze/Kind zu berichten, aber das Geschilderte war für mich eindeutig dasjenige, das am meisten unter die Haut ging.

Vielfach werden Kinder ersucht, schlimme oder schöne Erlebnisse mit Farben auf Papier zu bringen. Aus den Zeichnungen erkennen dann Psychologen, was in den Köpfen der Kleinen gespeichert ist, oder was sie erlebt haben.

In der Praxis der Kinderpsychologin in Basel, die immer noch mit Ludy arbeitet, zeigen die gemalten Bilder sehr oft eine Katze, rot-weiss natürlich. Die schönsten davon werden dann im Korridor an die Wand geheftet und können auch von Besuchern bestaunt werden.

Auch der sprachgeheilte Bub hat den Vierbeiner recht gut gezeichnet, man erkennt wenigstens, dass es eine Katze sein soll. Und darunter hat die Psychologin auf einem Streiben Papier folgendes Wort geschrieben:

THERAPIEASSISTENTIN





 



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